Die Literatur zu Autismus ist inzwischen sehr umfangreich geworden und wächst ständig weiter. Auch im Internet finden sich zahlreiche Informationen, Beiträge, Videos. In der aktuellen Forschung geht man mehrheitlich davon aus, dass die Ursachen für Autismus biologischer Natur sind, sich auf das Gehirn auswirken und häufig genetisch begründet sind („primärer Autismus“). Das gesamte Ursachenfeld des Spektrums wird dadurch allerdings nicht abgedeckt, so kommen zu einem geringeren Anteil pränatale Umwelteinflüsse und Krankheitsfolgen hinzu („sekundärer Autismus“). Da es sich bei Autismus um ein „Spektrum“ handelt, gibt es wohl eine Fülle von Ursachenverknüpfungen, die längst nicht alle ausreichend erforscht sind. Im Ergebnis jedenfalls scheint es so zu sein, dass die Verbindungen zwischen weit auseinanderliegenden Gehirnarealen bei autistischen Menschen schwächer ausgeprägt sind als bei Nichtautisten. Die Vernetzungen innerhalb der verschiedenen Bereiche sind jedoch besonders stark. (Lipinski 25f.) Diskutiert werden zudem erhöhte Synapsendichte, gestörter Bindegewebeaufbau des Gehirns sowie genetisch bedingte Schäden an bestimmten Synapsen (Riedel, Clausen S. 21).

Eine Folge dieser Besonderheit besteht in intensiver sensorischer Wahrnehmung. Äußere Einflüsse dringen ungefiltert in den Kopf, können nur schwer priorisiert und sortiert werden. Reizüberflutung kann zum „Dichtmachen“ führen (Shutdown) oder zum Ausrasten (Meltdown, Overload). Die Fülle der zu verarbeitenden Eindrücke wirkt sich auf die Fähigkeit zu sozialer Interaktion aus und führt zu einem permanenten Höchstleistungsniveau mit der Tendenz dauernder Überforderung. Stereotype Verhaltensweisen und Konzentration auf Spezialinteressen dienen u.a. dem Stressabbau, machen manchen autistischen Menschen zugleich zum ausgewiesenen Experten auf seinem Gebiet und zum höchst interessanten Gesprächspartner, zur beeindruckenden Gesprächspartnerin.